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Auf dem ehemaligen ­Fabrikgelände der ­Norddeutschen Steingut AG entsteht ein modernes Quartier

Artikel aus der Jubiläumsausgabe "140 Jahre Norddeutsche" herausgegeben vom Weser Kurier am 01.09.2025:

Nur noch zwei Gebäude und ein Turm erinnern an die Zeit, als auf der nun sandigen Brachfläche in Grohn die Fabrik der Norddeutschen Steingut ­Aktiengesellschaft stand. Wo zwischen 1969 und 2014 Fliesen hergestellt wurden, entsteht nun ein neues Quartier im Prinzip der produktiven Stadt.

Das heißt: Hier soll gewohnt und gearbeitet werden. Ein paar Beispiele: In einem der alten Fabrikhäuser wird später ein Kindergarten, eine Physiotherapiepraxis und eine Intensivpflegeeinrichtung einziehen. In dem anderen soll eine Eventhalle mit Gastronomie entstehen, aber erst, wenn Leben in das Quartier eingekehrt ist. „Damit es auch in Bremen-Nord einen Ort gibt, wo man feiern kann“, sagt Investor Thorsten Nagel. Eine andere Kindertagesstätte wird aktuell gebaut. Und vielleicht wird es auch eine Grundschule geben. Gleichzeitig sollen Wohnungen errichtet werden – geförderte, aber auch solche, die auf dem freien Mietmarkt angeboten werden und eventuell solche für Studentinnen und Studenten. Auch wenige Eigentumswohnungen könne es geben, Einfamilienhäuser sind aber nicht mehr vorgesehen. „Die Zinsen sind zu hoch, das könnte sich keiner leisten“, erklärt Nagel.

Bereits im Jahr 2000 hatten Olaf Mosel und Thorsten Nagel Interesse an dem Areal gezeigt. Mehr als 20 Jahre später haben die Geschäftsführer der Projektentwickler M-Projekt beziehungsweise Procon es schließlich gekauft. Die Investoren schrieben einen städtebaulichen Ideenwettbewerb aus. Das Gewinnerteam musste seinen Entwurf aber noch einmal ändern –auch, da die Investoren den westlichen Teil des Gebietes an die Gestra Aktiengesellschaft aus Findorff verkaufte. Wann oder ob überhaupt das Unternehmen – wie es geplant war – seinen neuen Hauptsitz in Grohn errichten möchte, ist noch unklar.

Im Westen soll jedenfalls das neue Quartier errichtet werden, das die Investoren zwar mit der Stadt Bremen entwickelt ­haben, aber immer noch ihr privatwirtschaftliches Projekt ist. Die Bagger haben schon so gut wie alles abgerissen, was abgerissen werden musste. Die Bauarbeiten einer Kita sind bereits im Gange, auch die für andere Gebäude sollen bald beginnen. Wann das Quartier fertiggebaut ist, kann Nagel noch nicht sagen. „Bei unserem Projekt im Lesumpark haben wir zehn Jahre gebraucht, so lange wird es wahrscheinlich auch hier dauern“, erklärt er. Am Ende sollen hier jeweils mehrere hundert Menschen wohnen und arbeiten, wie viele genau, hängt auch davon ab, wie die Wohneinheiten gestaltet werden und ob die Gestra ihr Fabrikgebäude verwirklichen wird.

Vieles, was früher innovativ war, ist ­Nagel zufolge heute Standard oder sogar gesetzliche Pflicht. So verwundert es nicht, dass die Gebäude mithilfe einer Wärmepumpe beheizt werden sollen und es Regenrückhaltebecken auf den Dächern geben wird. So soll garantiert werden, dass die Kanäle bei starkem Niederschlag nicht überfluten.

Überhaupt ist Nagel nicht der Freund von Superlativen, wie er es formuliert. Die Einzigkeit des Projektes möchte er deswegen nicht hervorheben. Er lobt allerdings die Architekten, die schon das Hartmannstift entworfen haben, und seinen Aussagen nach einen bestimmten Stil haben: den des Schweizer Architekten Max Dudler. Es wird also mit Backstein gearbeitet und die Fassaden sind mit einer gewissen Strenge gestaltet, sagt Nagel. „Das Quartier bekommt eine architektonische Qualität. Ich halte es für wichtig, dass Immobilien neben den wirtschaftlichen Kriterien lange Zeit attraktiv bleiben“, erläutert der Procon-Geschäftsführer. Als Negativbeispiel nennt er das Haven Höövt, das nicht einmal 20 Jahre am Vegesacker Hafen stand. Auch die Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung Özlem Ünsal (SPD) sieht Besonderheiten in dem Bauprojekt. Ihr stellvertretender Sprecher Yannoh Mügge stellt heraus, dass es mehrere Grünflächen geben wird und auch alte Fabrikgebäude erhalten bleiben und so die Industriegeschichte widerspiegeln.

Auch mit dem Auto wird man durch das neue Quartier fahren können. Das sei ­Nagel zufolge auch notwendig, benutzen im Bremer Norden deutlich mehr Menschen eigene Fahrzeuge als in der Innenstadt. Allerdings soll der Individualverkehr reduziert werden, indem es nicht so viele öffentliche Parkplätze geben wird. „Was wir sehr bedauern, dass keine Buslinie durch das Quartier führen wird“, sagt ­Nagel. Laut Pressesprecher Mügge kann das ­Gebiet später noch durch einen Bus angebunden werden, die Straßenverbindung sei dafür angelegt. Auch aktuell sei das ehemalige Steingut-Areal nicht abgehängt. „Der Standort hat einen gut ausgebauten Anschluss an die Regionalbahn über den Bahnhof Schönebeck“, sagt Mügge und fügt hinzu: „Außerdem verlaufen Buslinien über die nördlich angrenzende Vegesacker Heerstraße.“

Als Blaupause für andere Bauprojekte sieht Nagel jenes auf dem ehemaligen Steingut-Gelände nicht. Er ist vielmehr überzeugt: „Man sollte individuell Projekte entwickeln.“

Philip Tappe

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